Madagaskar

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Der nachfolgende Reisebericht bezieht sich auf unsere Madagaskar-Tour vom 23.7. - 9.8.2000. Es handelte sich um eine geführte, allgemeine Studienreise und ich habe versucht, Schwerpunkte auf die einzigartige Fauna und Flora Madagaskars zu legen.

Sehr hilfreich dabei waren mir dabei die Abhandlungen von Werner Rauh (1973): "Über die Zonierung und Differenzierung der Vegetation Madagaskars" und Frank Glaw, Miguel Vences (1994): "Amphibians and Reptiles of Madagascar". Von denen mit kursiver Schrift gekennzeichneten Tier- und Pflanzenarten liegen Dias des Verfassers vor; an dieser Stelle wird nur eine Auswahl wiedergegeben.

Aufgrund der erdgeschichtlich frühen Abtrennung Madagaskars von den im Südkontinent Gondwanaland zusammenhängenden Afrika, Asien und Australien konnten sich durch Evolution sehr viele Lebewesen eigenständig entwickeln oder durch fehlende Konkurrenz ihren ursprünglichen Charakter bewahren.

In der zentralen Zone des Hochlandes herrschte ursprünglich, und das ist aufgrund der späten Besiedlung der Insel vor ca. 1000 Jahren noch gar nicht so lange her, ausgedehntes Waldland vor. Heute findet man durch Brand- und Rodetätigkeiten der sehr armen Bevölkerung nur noch kahle, der Abschwemmung von ehemals nährstoffreichen Waldboden schutzlos preisgegebene erodierte Flächen. Hier kommen fast nur noch Grasland und spärliche Eukalyptus-Aufforstungen vor.

Eine Ausnahme stellen die Granit- und Gneis-Inselberge dar, die aufgrund ihrer aus dem Zentralplateau herausragenden Morphologie mit glatten Hängen kaum Bodenbildung zulassen. So findet man in einem eigentlich ausreichend feuchten Klima eine einzigartige, von Natur aus waldfreie Trockenvegetation. Bei der Erstbesiedlung spielen grasartige Scirpus- und Fimbristylis-Arten eine wichtige Rolle, da sie mit ihren feinen Blättern Humusinseln (Abb.) bilden, die sich vom nackten Felsen abziehen lassen. Danach finden sich Sukkulenten ein, von denen viele nur hier in der Umgebung von Fianarantsoa vorkommen, also Lokalendemiten sind. Als Blattsukkulenten konnten wir auf 1075 m über dem Meeresspiegel Senecio crassimus und Calanchoe tetraphylla antreffen, die als einzige Vertreterin ihrer auch als Zimmerpflanze gehaltenen Gattung Ausläufer aufweist. Pachypodium densiflorum, Euphorbia fianarantsoae, die dem Christusdorn gleicht und verschiedene stabförmige Asclepiadaceae, deren Verwandtschaft mit der bei uns vorkommenden Schwalbenwurz nur der Blüte anzusehen ist, sind mit ihren teilweise extrem verdickten Sprossachsen Stammsukkulenten.

In einer zweistündigen Lastwagenfahrt ging es dann abseits der Hauptstraße in das Tsara-Camp, welches sich am Fuß des Andringitragebirges befindet. Die Lage  an einem Fluss mit Wasserfällen, Eisvögeln und Kuhreihern auf den Bäumen (Abb.) ist landschaftlich sehr reizvoll. Am Grunde der Steilwände befindet sich noch ein kleiner, ursprünglicher Bergwaldrest, wo wir unsere ersten Lemuren, Kattas, beobachten konnten. Im Fluss trotzen der Strömung die am Gestein haftenden Wasserpflanzen der Familien Hydrostachydaceae und Podostemaceae, welche man leicht mit Moosen und Bärlappen verwechseln kann.

Auf der Weiterfahrt zum Isalo-Gebirge treffen wir auf einen Vorboten der Didieraceaen, einer nur auf Madagaskar vorkommenden kompletten Pflanzenfamilie. Es handelt sich hier um das Wolfsmilchgewächs Euphorbia didiereacea, welches die skurrile sparrige Wuchsform analog zu den Didieraceaen entwickelt hat, aber an der Blüte klar zu unterscheiden ist.

 

 

Beim Einstieg in das Isalo-Gebirge kreuzt unerwartet ein Clan Kattas unseren Weg. Auf dem Plateau angekommen, haben wir einen herrlichen Blick über die zerklüftete Erosionslandschaft mit Tälern, die von Palmen wie Dypsis onylahensis und erstaunlicherweise zypressenförmigen Pandanus-Arten (Schraubenbäumen) gesäumt sind. Bei der Wanderung stoßen wir unter anderem auch auf die wasserspeichernden "Elefantenfüße", Pachypodium rosulatum var. gracilius (Abb.) und einen Schmetterlingsblüher mit abgeflachten Blättern (Mundolea phylloxylon).

Endlich gelangen wir bei Tulear an die Westküste und zwei Stunden nördlich in eine Bungalowanlage, wo wir noch ein abendliches Bad im Kanal von Mozambique nehmen. Durch das artenreiche Korallenriff ist das Wasser hier vor Haien und Brandung geschützt, an der Ostküste ist Baden nicht zu empfehlen.

Am nächsten Tag erwartet uns ein Spaziergang durch den fast gespenstisch anmutenden Euphorbien-Didieracaeen-Dornwald, was jedoch durch die Begeisterung über die fast unwirklichen Pflanzengestalten mehr als aufgehoben wird.  So stoßen wir im herrlichen Abendlicht auf Affenbrotbäume (Adansonia za, Abb.), Madagaskarpalmen (Pachypodium lamerei), den verkehrt-kegelförmigen Verwandten des "Flamboyant" (Delonyx adansonioides) und einen winterblühenden Baum (Jatropha makafaliensis).

Leider nur die letzten drei Tage konnten wir die Region des Regenwaldes an der Ostküste bei Tamatave kennen lernen. Das entlang der Küstenlinie befindliche Gebirge sorgt bei vom Meer anströmenden Passatwinden ganzjährig für reichlichen Niederschlag. Schon auf dem Weg von Tananarive in Richtung Perinet fallen uns Baumfarne und Ravenala madagascariensis auf. Letzterer, ein Bananengewächs, hat vor allem in tieferen Lagen durch  Abholzung und nachfolgendes Abbrennen eine traurige Ausbreitung erfahren. Mit einigen wenigen anderen Arten, die das Brennen mittels unterirdischer Organe überleben, ist der Ravenal jetzt die Charakterpflanze der Sekundärvegetation.

Den Höhepunkt der Reise bildetet der Aufenthalt im Buschhaus bei Akanin´ny Nofy. Im benachbarten Privatreservat konnten wir angefütterte Lemuren hautnah erleben, doch wahrscheinlich wäre es besser, sie nur aus der Ferne zu sehen.

Aber es gab auch viel naturnahes zu beobachten: Zum Beispiel einen tropischen Käfer (Abb.), dessen Besonderheit sein extrem verlängerter Hals ist, weswegen er auch Giraffenkäfer genannt wird.

Eine der wenigen im Südwinter blühenden Orchideen ist Anagraecum eburneum (Abb.), die manchmal mit Anagraecum sesquipedale vergesellschaftet ist. Diese weist einen bis zu 45 cm langen Sporn auf, und Darwin sagte die Existenz eines Schmetterlings mit ebenso langem Rüssel voraus. Als er dann tatsächlich gefunden wurde, bekam er den Artnamen Xanthopan morgani predicta.

Eine unglaublich farbenprächtige Vielfalt haben die Taggeckos in Madagaskar entwickelt. Manchen, wie mir mit Phelsuma madagascariensis grandis (Abb.) geschehen, begegnet man sogar nachts im Waschhäuschen.

Ebenfalls nachts konnte man mit der Taschenlampe und Kamera Jagd auf Frösche machen. Einer (cf. Mantidactylus, Abb.) fiel uns durch seinen eigenartig knackenden Ruf auf, der durch Schallblasen erzeugt wird.

Das Buschhaus, in dem wir übernachteten, liegt direkt am landseitigen Ufer des Pangalankanals, einer teils  natürlichen Verbindung mehrerer langgezogener Seen. Nach einer kurzen Bootsfahrt befanden wir uns auf dem schmalen Streifen zwischen dem Indischen Ozean und dem anderen Ufer des Kanals. 

Während sich die anderen mehr für den Strand mit tobender Brandung und Kokospalmen interessierten, machte ich einen botanisch sehr vielseitigen Spaziergang entlang der Bahnlinie zwischen Tamatave und Tananarive. Dem Hörensagen nach war die hier mehr sporadisch verkehrende Eisenbahn defekt, so konnte ich mich beim Wandern auf den Schienen ganz auf die Schönheiten des madagassischen Küstenwaldes konzentrieren.

Charakteristisch ist die endemische Palme Chrysolidocarpus lutescens (Abb.), die durch einen fast schopfartigen Wuchs auffällt. Die vielen rankenden und schlingenden Lianen vervollständigen das tropische Erscheinungsbild. Erstaunlich sind die faustgroßen Früchte von Barringtonia racemosa, deren Schwimmfähigkeit die paläotropische Verbreitung dieses mächtigen Strandbaums zu verdanken ist. 

So endete unsere Reise mit gemischten Gefühlen, einerseits Begeisterung über die noch verbliebende einzigartige Natur, andererseits Betroffenheit über die aus kulturellen Gründen scheinbar unaufhaltsame Zerstörung derselben.